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Ungleichheit Was kann getan werden?

Pascal Pascal Polityka Obserwuj notkę 0
 

 

Armutsbekämpfung erfordert
unangenehme Maßnahmen,
den Bruch mit politischen
Dogmen – und sie kostet Geld
S
teigende Einkommensungleichheit wur-
de von US-Präsident Barack Obama als
die „prägende Herausforderung unserer
Zeit“ bezeichnet. Der Papst hat dazu auf-
gerufen, Vermögensumverteilungen im Sin-
ne einer vermehrten Großzügigkeit zu ini-
tiieren. IWF-Direktorin Christine Lagarde
meinte, wirtschaft liche Ungleichheit gefähr-
de die Stabilität der Weltwirtschaft . Was
man konkret dagegen tun soll, hat keiner
von ihnen gesagt. Immer wieder wird zu ge-
rechterem Wachstum aufgerufen, doch wie
erreicht man es?
Wir fühlen uns dem Untergang nahe,
es herrscht das Gefühl, es könne ohnedies
kaum etwas getan werden, um Ungleichheit
zu reduzieren. Ich erzähle eine optimisti-
schere Geschichte. Das derzeitige Maß an
Ungleichheit ist nicht unumgänglich. Wenn
wir Ungleichheit reduzieren wollen, dann
gibt es Schritte, die wir setzen können. Die-
se sind nicht notwendigerweise einfach, sie
sind auch mit Kosten verbunden. Und wir
müssten uns von wirtschaft lichen und po-
litischen Dogmen verabschieden.
Mit der gesteigerten Aufmerksamkeit für
die an der Spitze der Einkommensvertei-
lung Stehenden missachten wir die Notla-
ge derer, die am anderen Ende der Messlat-
te darben. Armut betriff t alle europäischen
Länder. Die Armutsrate in Österreich ist
fast so hoch wie die im Vereinigten König-
reich und es gibt keine Anzeichen, dass sie
zurückgeht. In der gesamten EU gab es we-
nig Fortschritt, was Armutsreduktion be-
triff t, obwohl dies eines der Schlüsselziele
der Agenda Europa 2020 darstellt.
Was können wir also tun,
um Einkommensun-
gleichheit und Armut zu reduzieren? Der
erste Schritt: den Wohlfahrtsstaat wieder
aufb auen. Im OECD-Bericht „Divided we
stand“ (Gespalten stehen wir da) von 2011
heißt es: „Die verminderte Fähigkeit der
Umverteilung bei Steuerbegünstigungssys-
temen war manchmal die Hauptquelle der
sich verbreiternden Kluft zwischen Haus-
haltseinkommen.“ Um diese Eff ekte umzu-
kehren, müssen Steuern angehoben werden.
Die Rückkehr zu gestaff elter Einkommens-
besteuerung und eine umfassende Reform
der Vermögenssteuer wären geeignete Stra-
tegien. Steuern sollen hier auf der Grund-
lage der Summe aller über die gesamte Le-
benszeit erhaltenen Geschenke und Ver-
mächtnisse eingehoben werden.
Außerdem plädiere ich dafür, dass die
EU ein Grundeinkommen für Kinder ein-
führt, das an das Durchschnittseinkommen
des jeweiligen Mitgliedsstaates angepasst
ist. Das Grundeinkommen eines Kindes in
der EU würde nach dem Subsidiaritätsprin-
zip durch die Mitgliedstaaten fi nanziert und
verteilt werden. Eine EU-übergreifende Ini-
tiative wäre ein klares Zeichen für Europas
Bereitschaft , in junge Menschen und zu-
künft ige Bürger zu investieren. Dies würde
einen erheblichen Beitrag zum Erreichen
der Agenda Europa 2020 leisten.
Das bringt mich zu meiner Version von
Grundeinkommen. Der Begriff der Parti-
zipation ist weiter gefasst als nur als Teil-
nahme am Arbeitsmarkt. Jede Person, die
an der Gesellschaft teilnimmt, würde ein
Grundeinkommen erhalten – genau wie
jede Person einen individuellen Steuerfrei-
betrag erhält. Der Unterschied ist, dass der
Wert der Steuervergünstigung mit zuneh-
mendem Einkommen steigt. Das Partizi-
pationseinkommen würde diese durch eine
vom Einkommen unabhängige Barauszah-
lung ersetzen.
Ungleichheiten zu reduzieren ist jedoch
nicht nur ein Thema von Besteuerung und
Ausgaben. Auch Arbeitslosigkeit muss an-
gesprochen werden, ein Thema, das zumin-
dest im Vereinigten Königreich in der öf-
fentlichen Diskussion fehlt. Wir scheinen
vergessen zu haben, dass es in der Nach-
kriegszeit eine Periode gab, in der die Ar-
beitslosigkeit bei circa einem Prozent lag.
Heute ist eine Arbeitslosenrate von zehn
Prozent in der EU kaum der Rede wert.
Es kommt aber auch auf die Höhe des
Einkommens an. Von jenen Arbeitslosen
in der EU, die eine Anstellung fi nden, ver-
dient nur die Hälft e genug, um ihre Fami-
lien oberhalb der Armutsgrenze zu halten.
Erwerbsarmut bleibt ein erhebliches Pro-
blem, daher unterstütze ich die Erhöhung
des Mindestlohns.
Was ist mit dem Kapital?
Es hat viele Diskus-
sionen über eine stärkere Besteuerung der
Reichen gegeben, ich glaube jedoch, wir
sollten dem Wohlstand der kleinen Sparer
die gleiche Beachtung schenken. Die Er-
sparnisse der vielen kleinen Sparer haben
in den letzten Jahren aufgrund der Infl ation
real an Wert eingebüßt. Die Einführung von
infl ationsangepassten Anleihen – wie diese
im Vereinigten Königreich angeboten wer-
den – würde zur Sicherung kleiner Erspar-
nisse beitragen. Einnahmen aus einer Ver-
mögenssteuer könnten dazu benützt wer-
den, um ein geringfügiges Erbe für alle, die
18 Jahre alt werden, zu gewährleisten.
Ich habe eine Reihe von Vorschlägen
skizziert, wie man wirtschaft liche Ungleich-
heit verringern und die Armutsfrage in An-
griff nehmen kann. Diese können infrage
gestellt werden. Manche Leute würden mit
dem angeblichen Konfl ikt zwischen Effi zi-
enz und Gerechtigkeit argumentieren, der
Wirtschaft swachstum und Wirtschaft sleis-
tung hemmt. Das Lehrbuchmodell, auf dem
dieser Konfl ikt von Effi zienz und Gerechtig-
keit basiert, hat meiner Ansicht nach eine
fehlgeleitete Ausgangsbasis, weil es alle
Formen, bei denen einander Effi zienz und
Gerechtigkeit ergänzen können, ausschließt.
Ich glaube, dazu sollten wir uns intensiver
mit Modellen wie dem monopolistischen
Wettbewerb, der Trennung von Eigentum
und Kontrolle, endogenem Wachstum und
technologischen Veränderungen sowie der
Wirkungsweise der Arbeitsmärkte beschäf-
tigen. Jeder dieser Punkte stellt einen ak-
tiven Forschungsbereich dar. Wenn sie zu-
sammengeführt werden, wird off ensichtlich,
dass man bei Gerechtigkeit und Effi zienz
gleichermaßen Fortschritte machen kann.
Die Verminderung der Ungleichheit kann
Hand in Hand mit dem Erstarken der wirt-
schaft lichen Leistung gehen.
Man könnte behaupten,
dass in einer globali-
sierten Welt kein Land alleine einen Weg zu
weniger Ungleichheit verfolgen kann. Da-
rauf antworte ich, dass Länder nicht nur
passiv Handelnde im Angesicht der Welt-
entwicklungen sind. Die Auswirkungen ei-
ner Umverteilung des Einkommens hängen
davon ab, wie nationale Regierungen auf
eine sich verändernde Welt reagieren. Da-
rüber hinaus gibt es durchaus Spielraum für
internationale Zusammenarbeit.
Der dritte Widerspruch ist, dass „wir uns
das nicht leisten können“. Ja, es müssen tat-
sächlich einige harte Entscheidungen ge-
troff en werden. Steuern müssen erhöht wer-
den und wir müssen neu überdenken, wie
marktgerechte Einkommen ermittelt wer-
den, wenn es uns ernst damit ist, Ungleich-
heit zu reduzieren und das Armutsthema
anzupacken.
Was wir aber nicht sagen können, ist,
dass man nichts tun kann.
 
 
https://www.wu.ac.at/fileadmin/wu/d/ri/ineq/Dokumentation-Er%C3%B6ffnung/Presse/Ungleichh
 
https://www.wu.ac.at/fileadmin/wu/d/ri/ineq/Dokumentation-Er%C3%B6ffnung/Presse/Ungleichheit_-_was_kann_getan_werden__in_Falter_.pdf
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